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UNTERNEHMENSBERATUNG

 

"ALLE MÜSSEN SPÜREN: DAS, WAS WIR VORHABEN, IST ERREICHBAR."

Der Südtiroler Extrembergsteiger Hans Kammerlander absolvierte rund 2500 Klettertouren auf der ganzen Welt. Dabei erlebte er mit seinen Teams so manchen Rückschlag. Dann lag es an ihm, die Beteiligten wieder auf das gemeinsame Ziel einzuschwören. Ein Gespräch über das Geheimnis der Motivation.

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Im Interview: Hans Kammerlander machte mit zahlreichen Erstbegehungen auf sich aufmerksam; gemeinsam mit Reinhold Messner bestieg er sieben der vierzehn Achttausender. Sein Aufstieg zum Mount Everest ist bis heute die schnellste Besteigung der Nordwand des höchsten Berges der Erde.

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Herr Kammerlander, Sie haben bei Ihren Touren viele unterschiedliche Teams geführt. Wie ist es Ihnen gelungen, bei Ihren Partnern die maximale Motivation hervorzurufen?
Man darf als Führungskraft keine Angst vor starken Mitarbeitern haben. Wenn gute Leute nachrücken, sollte man nicht blocken, sondern fördern: den Betroffenen etwas zutrauen, ihnen ihre Stärken bewusst machen und sie nach vorn schicken. Schäfchen, die nur in der Spur nachlaufen dürfen, sind nicht mit Überzeugung bei der Sache.

Aber wie erkennen Sie die Potenziale Ihrer Teampartner?
Die erkenne ich nur, indem ich die anderen auch mal ranlasse: ln dem Teilbereich, in dem sie gut sind, setze ich sie als Führende ein, lasse sie beispielsweise in einem steilen Stück vorangehen und die Spur machen, übergebe ihnen damit die Verantwortung für die gesamte Gruppe. Danach kann ich immer wieder beobachten, wie glücklich und stolz die Betroffenen sind. Wer ständig das Gefühl hat, er ist nur ein Mitläufer, wird sich nie richtig entwickeln.

Haben Sie selbst diese Erfahrung auch gemacht?
Mit Reinhold Messner, der damals viel erfahrener war als ich, stand ich einmal vor einer riesigen Wand. Er erklärte mir, wie er sich die Besteigung vorstellt. Dann fragte er mich Jungspund, was ich denke. Ich fühlte mich sehr geehrt, hatte allerdings eine andere Vorstellung als er. Ich war fünfzehn Jahre jünger und hatte als Kletterer, nicht als Bergsteiger begonnen. Daher suchte ich eher den direkten Weg: kürzer und steiler. Reinhold war für die längere Variante außen herum. Insofern haben wir uns gut ergänzt und aus beiden Ideen ein erfolgreiches Konzept gemacht.

Haben sich die Faktoren, die Sie motivieren, durch Ihre Erfahrungen in der Praxis verändert?
Sehr stark sogar: Am Anfang meiner Laufbahn war ich zu unflexibel, wollte mit dem Kopf durch die Wand. Mit dieser Art der Motivation habe ich mir den Erfolg oft vermasselt. Später habe ich gelernt, mich dem Projekt mehr anzupassen und spontan umzuorganisieren, wenn es die Umstände erfordern. Viele Rückschläge, die sehr gefährlich und nicht notwendig waren, haben diese veränderte Einstellung hervorgerufen. Meine Motivation ist heute nicht mehr, ein Projekt mit Volldampf anzugehen, sondern es so durchzuführen, dass ich am Ende Erfolg habe. Dazu muss man übrigens auch lernen, ein Vorhaben notfalls abzubrechen und das sogenannte Scheitern in Kauf zu nehmen. Dabei ist Umdrehen nicht zwangsläufig eine Blamage! Manchmal nämlich ist der Weg nach vorn nicht mit Mut, sondern mit Dummheit verbunden.

Aber heißt es nicht, man solle immer nach vorn sehen, um sich zu motivieren?
Schon, aber eher in der Art: „Wir mussten unser Projekt zwar aktuell abbrechen, haben damit aber einen Teil des Weges bereits gemacht. Die Chance, dass unser Vorhaben beim zweiten Versuch gelingt, ist nun viel größer. Wenn wir blindwütig weiter nach vorn gegangen wären, wäre es vermutlich schief gelaufen, und wir hätten keine zweite Chance bekommen.“ Auch mit einem erreichten Teilstück kann man gut leben – man muss dann eben weiter planen.

Wie macht man ein Team erfolgreich, wenn die einzelnen Beteiligten unterschiedlich motiviert sind?
Das kann sich durchaus positiv auswirken. Ein absolutes Negativbeispiel ist mir heute noch in Erinnerung: Reinhold Messner hatte die Idee, alle Top-Kletterer der Welt zusammenzutun und eine ganz bekannte, schwierig zu besteigende Wand als Erste zu bewältigen. Er dachte: „Wenn die Besten ein Team bilden, schaffen sie es gemeinsam.“ Nur hat das in der Realität überhaupt nicht funktioniert: Wir alle waren sportliche Konkurrenten. Niemand hat für die Gruppe gearbeitet, weil jeder Angst hatte, seine Kräfte zu früh zu verschleißen und am Ende den anderen den Ruhm überlassen zu müssen. Eine solch schwache Leistung von so vielen guten Leuten war einfach nur frustrierend.

Also machen Motivationsunterschiede eine Gruppe stark?
ln einem erfolgreichen Team muss es immer Leute geben, die kein Problem damit haben, an der Basis zu wirken und den anderen mit ihrer Leistung den Weg zu ebnen. ln unseren Teams arbeiten viele Leute mit ganz unterschiedlichen Qualitäten eng zusammen. Es gibt neben den Kletterern zahlreiche Helfer, die Gepäck schleppen, für alle kochen, Wasser von weit her transportieren und die Kletterer sichern. Damit machen sie sich zu einem unverzichtbaren Teil der Gruppe, und wir sind dankbar für das, was sie einbringen. Sie fühlen sich gebraucht. Am Ende stehen zwar nicht sie im Rampenlicht, haben aber trotzdem das Gefühl, ein wichtiger Teil des Erfolgs gewesen zu sein. Daraus ziehen sie ihre Motivation, beim nächsten Projekt erneut alles zu geben.

Wie erreichen Sie dieses Engagement?
Jeder darf in seinem Bereich mitreden und mitentscheiden. Das schweißt eine Gruppe enorm zusammen. Wenn man Teammitgliedern das Gefühl gibt, sie sind jetzt nur Hintergrundmännlein, agieren sie vermutlich genauso und werden nie aktiv ein Problem anpacken. Unterschiedliche Qualitäten geschickt zu verflechten, die jeweiligen Stärken und Motivationen zielgerecht einzusetzen erhöht nicht nur die Teamleistung, sondern auch das Engagement.

Und wie erkennt eine Führungskraft, was den Einzelnen motiviert?
Man muss jeden Beteiligten beobachten: Was peilt der an? Wenn jemand an etwas glaubt, schafft er es vermutlich auch. Dann ist es Aufgabe der Führungskraft, ihm hier Verantwortung zu übergeben: „Das ist jetzt dein Job, mach!“ So funktioniert ein Team am besten.

Wie erreichen Sie, dass alle Teammitglieder am selben Strang ziehen?
Alle müssen spüren: Das, was wir vorhaben, ist erreichbar. Negative Gedanken des Leithammels stecken auch die anderen an. Zweifel verbreiten sich wie ein Lauffeuer, daher darf sich der Führende eventuelle Zweifel nie anmerken lassen. Notfalls muss er die Führung für kurze Zeit einem anderen Teammitglied übertragen. Der Leitende sollte den Glauben an das gemeinsame Ziel stets vorleben.
Teams stecken auch mal in Krisen – das Leistungsniveau ist nicht mehr top, Wettbewerber haben überholt. Dann können Veränderungen notwendig sein.

Wie nimmt man das Team auf diesem Weg mit?
Veränderungen können alles, was einen bislang erfolgreich gemacht hat, auf den Kopf stellen. Und sie können von außen, ohne dass sich das Team darauf vorbereiten konnte, aufgezwungen werden. Die Notwendigkeit zur Veränderung muss dann jeder akzeptieren, sonst kommt man nicht vom Fleck. Erfolgreichen neuen Wegen, auch wenn andere sie bereitet haben, muss man folgen. Und den Pionieren sogar ein Kompliment machen: Sie haben gezeigt, was möglich ist, wie nun alle das Ziel leichter und schneller erreichen. Nimmt man die neue Methode positiv auf, kann man später eigene i-Punkte draufsetzen, hat wieder etwas vorangetrieben und eigene Erfolge vorzuweisen. ln diesem Sinne sollte eine Führungskraft das Team von notwendigen Veränderungen überzeugen. Denn wer nicht mitgeht, bleibt höchstens Zweiter.

Wie können stark beteiligte Personen weniger Beteiligte motivieren?
Es gibt immer Zugpferde und Menschen, die sich lieber einordnen. Die Kunst ist es, die Starken mit den anderen so zu mischen, dass jeder seine Aufgabe hat.

Und falls doch jemand seine Motivation verliert: Wie stark kann man auf den Einzelnen eingehen?
Es passiert ganz oft, dass jemand den Mut und den Glauben an das Projekt verliert. Beim Bergsteigen reicht das bis zur blanken Angst. Nun liegt es am Führenden, den Betroffenen davon zu überzeugen, trotz der Zweifel einen Schritt nach vorn zu probieren. Wenn der gelingt, kommt der Glaube ans Ziel von allein zurück. Wenn allerdings der Leitende den Glauben verliert, ist er völlig allein. Das ist ein sehr schwieriger Moment, denn er kann nicht einfach die Ohren hängen lassen. Nur umfassende Erfahrung und eine positive Einstellung führen aus dem Tief wieder heraus.

Gilt das auch für den Umgang mit extremen Rückschlägen?
Dem Motivationsverlust durch Rückschläge muss man vorbeugen – mit Aufklärung im Vorfeld des Projekts: „Unser Weg bis zum Ziel kann aufreibend sein, die Situation kann sich plötzlich verändern. Wenn das eintrifft. sind wir vorbereitet.“

Nimmt das den Beteiligten nicht schon vor dem Start die Motivation?
Nein, das braucht’s! Die Beteiligten sollen merken: Wir stehen jetzt vor einem wirklich schweren Weg, den noch niemand geschafft hat. Wir haben die Chance, etwas ganz Neues zu versuchen. Ein neues Projekt ist immer mit der Wahrscheinlichkeit verbunden, dass es nicht gleich gelingt. Hier zitiere ich oft meinen Leitspruch: Damit das Mögliche möglich wird, muss das Unmögliche probiert werden.

 

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"ICH VERSUCHE, ALLE FÜR MEINE IDEEN ZU BEGEISTERN"

Der Münchener Spitzenkoch Holger Stromberg betreibt ein ausgefeiltes Supply Chain Management, um seine vielen Unternehmensableger sinnvoll miteinander zu verknüpfen sowie das Geschäft wirtschaftlich und zunehmend nachhaltig zu führen. Sein Erfolgsrezept: die umfassende Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Arbeitsbereichen.

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Im Interview: Holger Stromberg entstammt einer Familie aus dem Ruhrgebiet,
die seit 180 Jahren in der Gastronomie tätig ist. Bereits im Alter von 23 Jahren erkochte er sich einen Michelin-Stern. 2002 machte er sich in München mit seiner Firma „Food, Entertainment, Beverage GmbH“ selbstständig.

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Herr Stromberg, Ihr Gastronomie-Unternehmen umfasst ein Restaurant in München und eines im Ruhrgebiet, einen Catering-Service für Veranstaltungen und Schulküchen, ein Gastronomie-Consultingunternehmen, Kochkurse, Kochbücher, TV-Auftritte, Herstellung und Vertrieb von Feinkost, den Versand von Kochzubehör und die Versorgung der Fußball-Nationalelf während ihrer Auslandsreisen. Wie steuern Sie das Supply Chain Management in einem solch komplexen Geflecht?
Mein Unternehmen hat sich im Laufe der Jahre verzweigt, weil dies wirtschaftlich sinnvoll erschien. Alle Entwicklungen erfolgten aus praxisnahen Erwägungen, und ebenso praxisnah ist unser Supply Chain Management aufgestellt. Gastronomie hat viel mit Menschen zu tun – wer auf diesem Feld Menschen führt, muss die Praxis kennen, die Unternehmensziele jeden Tag aufs Neue vorleben und die Mitarbeiter auf diesem Weg mitnehmen. Jeder einzelne Bereich ist extrem personenabhängig, daher muss der Chef ganz nah am Team arbeiten. Aus einem Büro heraus, mit Anweisungen per E-Mail oder Anschlägen
am Schwarzen Brett, würde das nicht funktionieren. Dazu sind die Abläufe viel zu komplex.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
In München arbeiten 35 Festangestellte, in unserem Betrieb in Waltrop, den ich von meinen
Eltern übernommen habe, sind es 15. Jeder, der
neu hinzu kommt, hört aus meinem Mund persönlich unsere Philosophie, und auf einem jährlichen Agenda-Meeting vermitteln wir unsere Ziele und Schwerpunkte für alle Mitarbeiter immer wieder aufs Neue. Ich versuche, jeden für meine Ideen zu begeistern. Sie sollen die DNA und Strategie verstehen, verinnerlichen und leben, aber natürlich auch eigene Anregungen einbringen können.

Was beispielsweise ist eine dieser Ideen?
Ich setze ganz stark auf Nachhaltigkeit. Erstens aus Überzeugung und zweitens, um meinen Kunden damit einen Mehrwert anzubieten, den Wettbewerber vielleicht nicht so stark verfolgen. Mein Ideal ist, ein Rind auf ökologischer Basis direkt für unseren Verbrauch aufziehen zu lassen und es komplett zu verwerten. Die Vorteile: möglichst wenige Zwischenhändler, daher geringere Kosten, kurze Transportwege und weniger Emissionen. Die Tiere haben ein gutes Leben und ihr Fleisch eine Topqualität. Nun liefert ein Rind aber nicht nur Filet, das wir etwa in den Restaurants oder beim Veranstaltungscatering benötigen. Weil wir auch Ganztagsschulen mit Essen beliefern, können wir das übrige Fleisch als Bolognese-Soße, Hackbällchen oder Gulasch verwerten. Das bedingt allerdings, dass sich die Restaurant-, Catering- und Schul-Küchenchefs austauschen. Klappt das, können wir unseren Fleischeinkauf konzentrieren, zwischen den Unternehmensbereichen aufteilen und uns dabei auf wenige, ausgewählte Lieferanten beschränken.

Ist das noch Theorie oder bereits Praxis?
Im Altmühltal werden Rinder speziell für uns gezüchtet. Eine Bäuerin aus der Region zieht das Geflügel für uns auf. Beim Olivenöl halte ich es ähnlich: Wir kaufen große Chargen ein, um die Qualität beeinflussen zu können Das bedeutet aber auch, dass der Einkauf zentral erfolgt und die Mitarbeiter ihre Bedarfsmengen frühzeitig abschätzen und weitergeben müssen. Um allen klarzumachen, um was es mir geht, plane ich gemeinsame Vor-Ort-Termine bei den Öko-Bauern, damit meine Mitarbeiter die Vorteile der ökologischen Landwirtschaft in der Praxis erleben. Ich gebe zu, die Strecke zu diesem Ziel haben wir bislang erst zu etwa fünfzehn Prozent zurückgelegt, aber wir sind auf einem guten Weg.

Ist diese ständige Abstimmung nicht mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden?
Natürlich. Und wir müssen die Mitarbeiter immer wieder davon überzeugen, dass diese Anstrengung sinnvoll ist. Manchmal ist das ein bisschen viel: Wenn man zum Beispiel einen Koch, der bereits vierzehn Stunden in der Küche steht, darauf hinweist, dass er zum Aufbewahren der Lebensmittel die falsche Verpackung genommen hat. Auch beim Einkauf der Putzmittel und der Wartung unserer Technik achte ich auf Nachhaltigkeit und partnerschaftliche Zusammenarbeit: Wir haben uns nach langer Suche für einen nicht ganz so großen, nicht ganz so renommierten Dienstleister entschieden, der aber ortsansässig ist und extrem flexibel auf unsere Bedürfnisse reagiert. Fällt ein Gerät aus, ist er sofort zur Stelle. Geht das Spülmittel zur Neige, liefert er prompt nach, und wir müssen kein großes Lager dafür bereitstellen. Es sind tausend Details, die unser Unternehmen ausmachen – diese Ziele konsequent zu verfolgen kostet Kraft. Wir sensibilisieren in dieser Hinsicht übrigens auch unsere Kunden, im Catering-Bereich zum Beispiel: Wenn sie frühzeitig planen und buchen, können wir auch sie mit unserem auf Bestellung gezüchteten Biofleisch bewirten, das frisch ist und dessen Transportwege verfolgbar sind . Alle müssen die gemeinsame Idee mittragen, allein kann man das nicht schaffen.

Sie wollen Ihre Philosophie also nicht nur intern kommunizieren, sondern auch den Kunden vermitteln?
Ein Spitzen-Gastronom muss Essen und Trinken erlebbar machen. Langfristig ist es mein Ziel, auch die Gäste zu unseren Erzeugern mitzunehmen und ihnen unser spezielles Supply Chain Management zu erklären. Sie können den Tieren beim Grasen zusehen und, wenn sie wollen, beim Schlachten dabei sein. Sie sollen die Anstrengungen, die wir in puncto Nachhaltigkeit unternehmen, diesen ganz wichtigen Teil unserer Unternehmensstrategie, mit eigenen Augen sehen. Auch so heben wir uns von den Mitbewerbern ab.

Was passiert, wenn die Kommunikation zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern zu kurz kommt, also die vielen Rädchen Ihres Betriebs nicht störungsfrei ineinander greifen?
Vor lauter Arbeit bleibt die Kommunikation immer wieder auf der Strecke. Gerade wenn sich ein Betrieb schnell entwickelt, ist die Gefahr einer Störung in den Abläufen groß. Ist ein Mitarbeiter unzufrieden oder weiß nicht, wo wir eigentlich hinwollen, merkt das am Ende auch der Gast. Wenn ich zum Beispiel zu einer Veranstaltung stoße, die meine Mitarbeiter vorbereitet haben, kriege ich sofort mit, wenn etwas klemmt. Ich sehe auch gleich, wo es nicht stimmt. Dies dann noch in der Situation direkt anzusprechen bringt wenig. Das würde die Betroffenen nur verunsichern. Ich helfe erst einmal aus und bringe wieder Fluss in die Abläufe, mache mir aber Notizen. Später arbeiten wir die Fehler gemeinsam auf.

Wie schaffen Sie es, die unterschiedlichen Teilbereiche Ihres Unternehmens harmonisch miteinander zu verbinden?
Das muss man gar nicht unbedingt. Manche Verzahnungen sind unnötig, manche sinnvoll. Einige unserer Teilbereiche sind erst entstanden, weil andere dies erfordert haben: Um meinen Consulting-Zweig auszubauen und Gastronomen beim Beliefern von Kantinen zu beraten, wollte ich selbst erst einmal umfassende Erfahrung sammeln. So kamen wir darauf, für Ganztagsschulen zu kochen. Aus den Resultaten unserer Arbeit werde ich ein Kochbuch für Schulküchen entwickeln. Der Feinkost-Zweig entstand durch meine zunehmende Abwesenheit, etwa durch Reisen mit der Nationalmannschaft. Da ich nicht immer selbst am Herd stehen konnte, wollte ich meinen Geschmack manifestieren. Egal, wer mein Rezept verwendet: Es soll immer so schmecken, als hätte ich es selbst zubereitet. Ich suchte ein Unternehmen, das meine Dressings und Bratensoßen ohne Konservierungsstoffe in absolut zuverlässiger Qualität herstellt, sodass sämtliche Stromberg-Outlets sie dort jederzeit abrufen können. Als wir eines gefunden hatten, mussten wir aber größere Mengen abnehmen, als wir selbst verbrauchen. So boten wir Handelsketten wie Karstadt die Produkte an. Was ursächlich unsere Effizienz steigern sollte, wurde durch Zufall zu einem neuen Unternehmensableger.

... der wiederum mit jedem anderen Bereich zusammenhängt.
Hier ist es tatsächlich so: Bei einer versehentlichen Unter- oder Überproduktion der Zutatenkomponenten leiden alle anderen Gewerke. Damit uns die Vorräte nicht ausgehen, müssen wir die Verbräuche frühzeitig abschätzen. Bei einer Überproduktion dagegen quellen unsere Lager über. Dann ist mehr Werbung beim Endverbraucher geboten.

Wie gehen Sie mit dem Spannungsverhältnis „Kreativität versus Wirtschaftlichkeit“ um? Die Erwartungen Ihrer Kunden sind sicherlich hoch, gleichzeitig muss sich die angebotene Performance rechnen.
Ich setze auf eine Verkürzung der Wertschöpfungskette, was in der Regel Kosten spart und in der Gastronomie – durch die Verwendung regionaler Produkte – die Qualität steigert. Das Bestellwesen muss so gut organisiert sein, dass der Verderb gering bleibt. Dieses System übertragen die routinierten Mitarbeiter auf die neuen. Dann bin ich ein Freund von standardisierten Komponenten, wie eben Bratensoßen und Salatdressings. Eine gute Mischung aus vorhandenen Standards in Topqualität und stets neuen Kreationen auf Kundenwunsch ist meines Erachtens der richtige Weg. Denn die Kunden wollen immer wieder etwas Neues, und man darf die Zeit nicht verschlafen. Hier eine wirtschaftliche Balance zu halten wird mich sicherlich die nächsten Jahre beschäftigen!